Empfehlungen

Vor zwölf Jahren wurden Rechtschreibregeln eingeführt, deren Folgen man nicht erprobt hatte. Nach zahlreichen vergeblichen Verbesserungsbemühungen wurde der Rat für deutsche Rechtschreibung eingesetzt. Er korrigierte manchen Fehler der Reform, führte aber in vielen Fällen die sprachrichtige Lösung nur als Variante wieder ein. Schliesslich brach er seine Arbeit unter politischem Druck auf halber Strecke ab. In dieser Lage bildete die Schweizer Orthographische Konferenz (SOK) zur Wiederherstellung einer einheitlichen und sprachrichtigen Rechtschreibung eine Arbeitsgruppe.[1]

In den zwei Bereichen, für die der Staat Regelungsgewalt beansprucht, Schule und Verwaltung, gilt zur Zeit die dritte Fassung des Regelwerks, die der Rat für deutsche Rechtschreibung 2006 veröffentlichte (im folgenden sind unter „Regelung 06“ dieses Regelwerk sowie dessen Interpretation durch das amtliche Wörterverzeichnis sowie die Wörterverzeichnisse von Duden und Wahrig zu verstehen). Die SOK erarbeitete für Zeitungen und Buchverlage, die gemäss dieser Regelung schreiben wollen, Empfehlungen.

Die SOK orientiert sich wesentlich an der Hausorthographie der NZZ. Die SOK setzt die Verbesserungen des Rates für Rechtschreibung konsequent um und führt in einigen Bereichen weitere Verbesserungen durch.

Die Konferenz der Chefredaktoren (CRK) und der Verband Schweizer Presse (VSP) empfehlen ihren Mitgliedern, die Vorschläge der SOK umzusetzen
(
Empfehlung CRK, Medienmitteilung VSP). 

Die SOK empfiehlt, den Grundsatz „Bei Varianten die her­kömmliche“ einzuhalten. Die Anwendung dieses Grundsatzes fördert eine einheitliche und sprach­richtige Rechtschreibung. Der Grundsatz wurde in der Schweiz schon bisher von der SDA und der NZZ und wird heute in Deutschland auch von der FAZ, der Süddeutschen Zeitung und dem Spiegel ange­wendet. Die deutschsprachigen Nachrichten­agenturen in Deutschland und Österreich wenden ihn „ganz überwiegend“ als zweites Kriterium an (in erster Priorität verwenden sie die Varianten, die von Duden und Wahrig übereinstim­mend empfohlen werden).

Der Grundsatz bedeutet, dass bei Variantenschreibungen immer die herkömmliche Variante gewählt wird, wenn es sie in der Regelung 06 gibt. Die her­kömm­liche Variante ist leicht aus dem Rechtschreib-Duden zu ersehen; es ist die schwarz gedruckte; rot gedruckt sind die neuen Schreibweisen[2].

1. Beispiele für Schreibweisen der Regelung 06 mit einer herkömmlichen Variante:

aufwendig, Schenke (nicht empfohlene Varianten der Regelung 06: aufwändig, Schänke)
nicht im mindesten, aufs äusserste gespannt sein (nicht empfohlen: Mindesten, Äusserste)
kennenlernen, bekanntgeben (nicht empfohlen: kennen lernen, bekannt geben)
recht haben/behalten/geben/tun, hierzulande, zuleide (nicht empfohlen: Recht, hier zu Lande, zu Leide)
achtgeben, haltmachen, masshalten (nicht empfohlen: Acht geben, Halt machen, Mass halten)
hochachten, kleinschneiden, fertigstellen (nicht empfohlen: hoch achten, klein schneiden, fertig stellen)
alleinerziehend, allgemeinbildend (nicht empfohlen: allein erziehend, allgemein bildend)
grauenerregend, zeitraubend (nicht empfohlen: Grauen erregend, Zeit raubend)
morgen früh (nicht empfohlen: morgen Früh), Zeitlang (nicht empfohlen: Zeit lang[3])
langgestreckt, selbstgebacken (nicht empfohlen: lang gestreckt, selbst gebacken)
8fach, das 8fache (nicht empfohlen: 8-fach, das 8-Fache)
ein deutsch‑schweizerisches Abkommen (nicht empfohlen: deutschschweizerisches)
von neuem, von weitem (nicht empfohlen: Neuem, Weitem)
bis auf weiteres, ohne weiteres (nicht empfohlen: Weiteres)
seit längerem, binnen kurzem, vor langem (nicht empfohlen: Längerem, Kurzem, Langem)
du sagen, danke sagen, nein sagen; hallo rufen (nicht empfohlen: Du, Danke, Nein; Hallo)
zu Hause, nach Hause (nicht empfohlen: zuhause, nachhause)
imstande, zustande, zugrunde (nicht empfohlen: im Stande, zu Stande, zu Grunde)
in Frage stellen, mit Hilfe (nicht empfohlen: infrage stellen, mithilfe)

2. Beispiele für Schreibweisen der Regelung 06 ohne herkömmliche Variante
(Empfehlungen zu diesen Fällen finden sich in den nachfolgenden Kapiteln): 

auseinandersetzen (in allen Bedeutungen)
abwärtsgehen, aufwärtsgehen, vorwärtsgehen (in allen Bedeutungen)
abhandenkommen, zugutekommen, zunichtemachen
leidtun, nottun, pleitegehen, bankrottgehen
Rad fahren, ausser Acht lassen, in Acht nehmen
Arm und Reich, Jung und Alt, Gross und Klein
heute Abend, gestern Nacht, morgen Vormittag, auf Deutsch, Corpus Delicti (aber: Circulus vitiosus!)
Bändel, Gämse, Stängel, Gräuel, Wechte
gräulich (in allen Bedeutungen), einbläuen, behände, belämmert, schnäuzen, überschwänglich
Quäntchen, Zierrat, Tollpatsch, nummerieren, platzieren
im Voraus, im Weiteren, des Weiteren, im Besonderen, im Nachhinein (aber: von vorn[e]herein!)
im Argen liegen, im Trüben fischen, in Bezug auf, hungers sterben, es ist rechtens, an Eides statt
der Erste, der gekommen ist; im Folgenden, Folgendes, im Grossen und Ganzen
rau, Känguru, Jähheit, Zähheit, Tipp, Stepp, Ass, frittieren, Foto
Glatttal[4], Schifffahrt, Brennnessel, Stillleben, helllicht
jedes Mal, so viel, zu viel, allzu viel, wie viel
umso, zurzeit, stattdessen, irgendetwas, irgendjemand, anhand

Der SOK gelten als Varianten ausdrücklich nur unterschiedliche Schreibweisen ohne Bedeutungsdifferenzie­rung. Keine Varianten sind z. B.

ein naheliegender Gedanke / ein nahe liegendes Gehöft (nicht: naheliegendes)
ein wohl (= wahrscheinlich) durchdachter Plan / ein wohldurchdachter (= gut durchdachter) Plan
ein viel versprechender Politiker / ein vielversprechender Politiker
ein Getränk kalt stellen (nicht: kaltstellen) / den Politiker kaltstellen
eine Handvoll Kirschen (eine kleine Menge) / eine Hand voll Kirschen (die Hand voller Kirschen)
ein frischgebackenes Ehepaar / frisch gebackene Brötchen (nicht: frischgebackene)

In der Regelung 06 ist die Schreibweise manchmal bei übertragener und wörtlicher Bedeutung vorgeschrieben (näherkommen = in engere Beziehung treten, näher kommen = in grössere Nähe kommen), manchmal nur bei übertragener (richtigstellen = berichtigen, aber: die Uhr richtig stellen/richtigstellen), manchmal nur bei wörtlicher (sitzen bleiben = auf dem Stuhl sitzen bleiben, aber: in der Schule sitzenbleiben/sitzen bleiben). In all diesen Fällen unterschiedlicher Schreibweisen mit Bedeutungsdifferenzierung empfiehlt die SOK, den Bedeutungsunterschied durch die unterschiedliche Schreibweise in der herkömmlichen Weise kenntlich zu machen.

Der Grundsatz „Bei Varianten die herkömmliche“ gilt auch bei der Komma­setzung. In den Fällen, in denen das Komma nach Regelung 06 fakultativ ist, empfiehlt die SOK, das Komma zu setzen:

Er schimpfte auf die Regierung[,] und sein Publikum applaudierte (Empfehlung: mit Komma)
Er fiel[,] von einer Kugel getroffen[,] vom Pferd (Empfehlung: mit Kommas)
Er empfahl[,] dem Lehrer nicht zu widersprechen (Empfehlung: mit Komma)

Weiter gilt der Grundsatz „Bei Varianten die herkömmliche“ auch bei der Silben­trennung. Ausser bei der st- und der ck-Trennung empfiehlt die SOK, die herkömmliche Silbentrennung (nach Wortbestandteilen) anzuwenden und Verbindungen von Konsonanten + l, n oder r nicht zu trennen:

her‑auf, ein‑ander, Päd‑agogik, inter‑essant, bi‑blisch, Ma‑gnet, Hy‑drant

Als Ausnahme vom Grundsatz „Bei Varianten die herkömmliche“ verzichtet die SOK auf eine Empfeh­lung bei den Wörtern mit Alb-/Alp- (z. B. Alptraum/Albtraum) sowie bei der t/z-Schreibung in Fremd­wörtern (potentiell/potenziell, Justitiar/Justiziar usw.). Für Alb- spricht die Etymologie, für Alp- die Aussprache (Auslautverhärtung). Die t/z-Schreibung in Fremdwörtern befindet sich offensichtlich im Umbruch.[5]


In einigen Bereichen empfiehlt die SOK, der Regelung 06 nicht zu folgen. Dies betrifft ä-Schreibungen, falsche Herleitungen, Fälle der Gross-/Kleinschreibung, Fremdwörter, den Bindestrich beim Zusammentreffen von Ziffern und Buchstaben, Ableitungen von Personennamen und geographische Ableitungen sowie die Einzelfälle rauh, Jäheit, Roheit, Zäheit und (beispielsweise) den Konjunktiv wenn ich schriee (Rilke).

1. ä-Schreibungen

Die SOK stellt fest, dass die in der Regelung 06 von e auf ä und von ä auf e geänderten Schreibweisen willkürlich her­ausgepickt sind. Mit der gleichen Begründung des „Stammprinzips“ hätte man auch belägt (wegen Belag), dänken (wegen Gedanken), ädel (wegen Adel), Spängler (wegen Spange), käntern (wegen Kante), mässen (wegen Mass), sätzen (wegen Satz), frässen (wegen Frass) und Hunderte weiterer Wörter verändern (oder wie bei aufwändig die ä-Form als Variante zulassen) können. Die SOK empfiehlt deshalb, die Wechsel von e auf ä und von ä auf e (Wechte) der Regelung 06 nicht zu beachten. Ausnahme: Bändel (schon herkömmlich schweiz. so). Die Schreibweisen bei den Varianten aufwen­dig, Schenke und Stendel[wurz] ergeben sich aus dem Grundsatz der SOK „Bei Varianten die herkömm­liche". Bei Bless­huhn, kätschen, krängen, räkeln empfiehlt die SOK diese üblicheren Varianten.

2. Falsche Herleitungen

In einigen Fällen hat die Regelung 06 als Erleichterung für Primarschüler scheinbare, das heisst falsche Herleitungen zur einzig gültigen Schreibweise erhoben. Die SOK empfiehlt, diese falschen Herleitungen (z. B. belämmert statt belemmert, Zierrat statt Zierat, Tollpatsch statt Tolpatsch, nummerieren statt numerieren, [de]platzieren statt [de]plazieren) nicht zu verwenden (bei Numero und Numerale sowie pränumerieren und renumerieren bleibt auch die Regelung 06 bei einem m). Bei greulich/gräulich empfiehlt die SOK, den Bedeutungsunterschied zu beachten. Bei Mesmer/ Mesner ergibt sich die Schreibweise aus dem Grundsatz der SOK „Bei Varianten die herkömmliche".

3. Gross-/Kleinschreibung

– Adverbien und Pronomen

Die Regelung 06 bleibt in einigen Fällen beim kleinen Buchstaben (ein bisschen, vor allem), schreibt in anderen den grossen vor (der Erstere, im Übrigen) und erlaubt in weiteren Fällen beide Möglichkeiten (der eine / Eine, der andere / Andere, bei Weitem / bei weitem, aufs Beste / aufs beste). Die SOK hält diesen partiellen Schritt zurück ins 19. Jahrhundert für sinnlos und empfiehlt bei Adverbien (sowie adverbial gebrauchten Fügungen) und Pronomen (sowie pronominal gebrauchten Adjektiven und Zahlwörtern) die Kleinschreibung: der erstere, der letztere, das wenigste, verschiedenes, manches, alles mögliche, der erste, der gekommen ist, jung und alt, arm und reich, gross und klein, der nächste, der erste beste, die vielen, kein einziger; im übrigen, im folgenden, im allgemeinen, im voraus, im weiteren, des weiteren, im nachhinein, im besonderen, im grossen und ganzen. Ausnahmen: um ein Beträchtliches, um ein Mehrfaches, um ein Vielfaches. Die Schreibweisen der eine, der andere usw. bzw. bei weitem, aufs beste, ohne weiteres, vor kurzem, seit langem usw. ergeben sich aus dem Grundsatz der SOK „Bei Varianten die herkömmliche“.

Mit dem grossen Buchstaben wird bei den substantivierten Adverbien eine andere Bedeutung bezeichnet: im Geringsten treu sein, aufs Schlimmste gefasst sein, sich des Weiteren erinnern. Im Allgemeinen wird der Geist mir schwindeldumpf,/ Und vorm Besondern gar ist jeder Sinn mir stumpf (Rückert). Desgleichen bei den substantivierten Pronomen mit Zurücktreten der Zahlbedeutung: die Ersten = die Vornehmen, die Letzten = die Niedrigen; die Ersten werden die Letzten sein; Fritz ist der Erste geworden (d. h. er hat Rang und Pflichten des Primus erhalten).

Die Grossschreibung der Substantive ist eine Errungenschaft des Deutschen. Sie ist eine Lesehilfe, weil sie auf einen Blick zeigt, worum es in einem Text geht. Diese Lesehilfe wird ad absurdum geführt, wenn Unwichtiges gross geschrieben werden muss.

– Tageszeiten

Die Angaben von Tageszeiten wie heute abend enthalten selbst nach den Kriterien der Regelung 06[6] kein Substantiv. Die Grossschreibung ist also auch nach der Regelung 06 unbegründet. Steht am vor der Fügung, muss in der herkömmlichen Rechtschreibung entschieden werden, ob die Angabe einmalig oder wiederkehrend ist (am Dienstag abend = einmalig, am Dienstagabend = wiederkehrend). Das hält auch die SOK für zu fein gesponnen.

Die SOK empfiehlt eine einfache Lösung, die dem Gebrauch in der Literatur entspricht. Sie folgt dabei Walter Heuer, dem früheren Chefkorrektor der NZZ (Richtiges Deutsch), und Joseph Lammertz (Vollständige Rechtschreiblehre):

Gross-/Kleinschreibung: Die SOK empfiehlt, die Bezeichnungen der Tageszeiten in Fügungen mit heute, [vor]gestern, [über]morgen, neulich klein zu schreiben: heute abend, gestern vormittag, morgen mittag, vorgestern nacht, übermorgen mitternacht, neulich nacht.

Beachte: Klein geschrieben werden die Formen mit Biegungs‑s, wenn sie ohne Artikel stehen: morgens, abends, nachmittags, frühmorgens, morgens früh, spätnachmittags, nachmittags spät, spätabends, abends spät, von morgens bis abends; tags darauf, sonntags, feiertags, werktags, wochentags; neulich nachts. Aber: des Abends, eines Morgens, des Sonntags, des Nachts, eines Spätnachmittags, eines Spätabends, eines Dienstagvormittags, eines schönen Sonntagmorgens usw.

Zusammen-/Getrenntschreibung: Bei Fügungen mit Wochentagen als Vorderglied, denen kein unverschmolzener Artikel vorangeht, empfiehlt die SOK, die Schreibweise dem Schreiber zu überlassen, d. h. davon auszugehen, dass er mit der unterschiedlichen Schreibweise eine unterschiedliche Betonung ausdrücken möchte: ich komme Dienstag morgen / Dienstagmorgen, am [frühen, gestrigen] Mittwoch morgen / Mittwochmorgen, bis zum [späten, morgigen] Dienstag vormittag / Dienstagvormittag, bis [nächsten] Freitag abend / Freitagabend, seit [letztem]  Montag nachmittag / Montagnachmittag, jeden Mittwoch nachmittag / Mittwochnachmittag. Üblich ist bei Fügungen mit am, bis [zum], seit, jeder jedoch die Zusammenschreibung, besonders in erweiterten Fällen wie am frühen Sonntagmorgen, bis zum späten Montagabend.

Beachte: Fügungen mit nachgestelltem früh und spät werden immer getrennt geschrieben, ebenso Fügungen mit nacht bei vorangestelltem am: am Mittwoch früh, bis Freitag spät, am Samstag nacht. Geht der Fügung ein unverschmolzener Artikel voran, wird sie immer zusammengeschrieben: ein Sonntagabend, der Dienstagmorgen, der Montagnachmittag, in der Freitagnacht.

Die SOK empfiehlt entgegen der Regelung 06, auch die getrennten Formen spät abends, früh morgens und in Verbindung mit dem Namen eines Wochentags alle Formen zu tolerieren: freitagabends, Freitag abends, freitags abends.

– Lateinische und griechische Fügungen, Fügungen aus romanischen Sprachen

Die Regelung 06 verlangt, alle Substantive in lateinischen und griechischen Fügungen sowie in solchen aus romanischen Sprachen gross zu schreiben (jedoch inkonsequenterweise: L’art pour l’art und Lupus in fabula). Die SOK glaubt nicht, dass dem Schreiber hier eine Wortartanalyse zugemutet werden sollte (Angina Pectoris, aber Circulus vitiosus) – wo ihm doch in der Silbentrennung und anderswo sogar viel elementarere Kenntnisse der Wortbildung nicht zugetraut werden. Sie empfiehlt, bei diesen Fügungen wie in der herkömm­lichen Rechtschreibung nur den ersten Buchstaben gross zu schreiben: Ultima ratio, Angina pectoris, Modus vivendi, Tête‑à‑tête (so im Fremdwörter-Duden!), Commedia dell’arte. In formelhaften Fügungen empfiehlt die SOK keinen Grossbuchstaben zu verwenden: cum laude, in absentia, à la carte. Das gilt auch für geflügelte Worte: carpe diem. Ausnahmen sind Eigennamen (Pro Juventute) sowie Gott/Teufel (Agnus Dei, Advocatus Diaboli).

Wird die Fügung hervorgehoben, z. B. durch Kursivschrift oder Anführungszeichen, kann sie klein geschrieben werden: „modus vivendi", tête‑à‑tête.

– Verbindungen mit ‑mal

Bei den Verbindungen mit ‑mal hat die Regelung 06 das Allerweltswort jedesmal irr­tümlich (?) aufgehoben und lässt nur die Wendung jedes Mal gelten. Von den vielen anderen herkömmlichen Wendungen dieser Art anerkennt sie nur (als nicht betonte Varianten) ein paarmal, einmal, dutzendmal, fünfundsiebzigmal (usw.), hundertmal, tausendmal, sovielmal, wievielmal (und ein andermal; diese „verschmolzene“ Wendung kann aber ohnehin nur zusammengeschrieben werden).

Die SOK empfiehlt bei Verbindungen mit ‑mal in herkömmlicher Art die Zusammenschreibung als Normalfall, die Getrenntschreibung bei besonderer Betonung: Du hast mir nicht ein Mal geschrieben! bedeutet etwas anderes als Du hast mir nicht einmal geschrieben!

– Feste Redewendungen

Feste Redewendungen vom Typ im dunkeln tappen sind in der Literatur nicht einheitlich geschrieben. Es zeigt sich freilich eine Tendenz hin zum kleinen Buchstaben. Die SOK empfiehlt, die Schreibweise dem Schreiber zu überlassen und damit der Regelung 06, die Grossschreibung verlangt, nicht zu folgen.

– Feste Begriffe

Die SOK empfiehlt, bei festen Begriffen, die gross oder klein geschrieben werden können, grundsätzlich die herkömmliche Variante zu verwenden, z. B.: aktuelle Stunde, blauer Brief, Erste Hilfe, das Ewige Licht, gelbe Karte, gelbes Trikot, der Goldene Schnitt, das Goldene Zeitalter, eine graue Eminenz, die grosse Koalition, grüne Grenze, grüne Lunge, das grüne Trikot, der Heilige Krieg, die Hohe Schule (Reiten), der Letzte Wille, die neue Linke, die neue Mitte, die neuen Medien, das Schwarze Brett, das schwarze Gold, die Schwarze Kunst, der schwarze Mann, der Schwarze Tod, Schwarzer Peter, schwarzes Loch, der weisse Sport, der Weisse Tod, das Zweite Gesicht, rote Karte usw. Ausnahmen: Grosse Anfrage, Kleine Anfrage, Schneller Brüter.

In folgenden Fällen empfiehlt die SOK eine von der Regelung 06 bzw. vom Rechtschreib-Duden abweichende Schreibweise: Alpine Kombination, Diplomatisches Korps, nationales olympisches Komitee, neue Eisenbahn-Alpentransversale (im Rechtschreib-Duden falsch: Eisenbahntransversale), Nordische Kombination, der rote Halbmond (Emblem), das rote Kreuz (Emblem), der rote Kristall (Emblem), die Soziale Marktwirtschaft (Ludwig Erhards).

Im Rechtschreib-Duden nicht oder nicht mehr aufgeführte, jedoch von der SOK empfohlene Schreibweisen sind z. B.: Allgemeine Geschäftsbedingungen, Alpine Skimeisterschaften, atlantische Gemeinschaft, atlantisches Bündnis, Beleuchtender Bericht, Deutsches Olympisches Komitee, Dringliche Anfrage, Dringlicher Bundesbeschluss, dritte Säule, die eidgenössischen Räte, Einfache Anfrage, erste Kammer (Nationalrat), Erste Kammer (niederländisches Parlament), erste Säule, fünfter Kontinent, Gemischter Ausschuss, grosse Kammer (Nationalrat), kleine Kammer (Ständerat), laufende Rechnung, multiple Sklerose, die nordischen Disziplinen, olympische Fahne, olympisches Feuer, parlamentarische Initiative, Politische Gemeinde, Politisches Gut, das Schwarze Afrika, Schweizerisches Olympisches Komitee, Spanischer Bürgerkrieg, stille Wahl, Technischer Delegierter (Skiverband), zweite Kammer (Ständerat), Zweite Kammer (niederländisches Parlament), zweite Säule.

– Einzelfälle der Gross-/Kleinschreibung

Die Regelung 06 tendiert entgegen dem langjährigen Trend zu vermehrter Grossschreibung, jedoch mit Ausnahmen, nämlich hungers, an Eides statt, gegen unbekannt, auf Nummer sicher. Die SOK empfiehlt davon es ist/geschieht rechtens (ausser fachsprachlich) und hungers sterben, dagegen an Eides (Kindes/Zahlungs) Statt, Klage gegen Unbekannt, auf Nummer Sicher.

4. Fremdwörter

Die Regelung 06 nimmt bei der Schreibweise von Fremdwörtern ungenügend auf den Usus in der Schweiz Rücksicht. So hat die Regelung 06 z. B. die in der Schweiz einzig gebräuchliche Schreibweise Communiqué eliminiert und dafür neu Kommunikee aufgenommen.

Die SOK empfiehlt, bei Fremdwörtern die nicht eingedeutschte Variante (z. B. Mohair, Portemonnaie, Spaghetti) bzw. die vom Rechtschreib-Duden als schweizerisch bezeichnete Variante (z. B. Buffet, Décolleté, Dépendance, Menu, Meringue, Mousseline, Occasion, Praliné, Quai, Tricot [Stoff], Usanz, Variété) zu verwenden. Ausnahmen sind  z. B. die allgemein gebräuchlichen, eingedeutschten Schreibweisen Frottee, Jacht, Kampagne, Koffein, Kompanie, Korps, Mokka, Zirkus. Als Faustregel diene der Grundsatz „Bei fremder Aussprache fremde Schreibung“[7]. Mischformen wie Creme, Kapriccio, Kommuniqué, Ekossaise, Direktrice, Protegé sind, auch aus didaktischen Gründen, zu vermeiden.

Die SOK empfiehlt (u. a.) in folgenden Fällen von der Regelung 06 (und teilweise auch von der herkömmlichen Regelung) abweichende Schreibweisen: Apéritif (nicht: Aperitif), As (nicht: Ass), Bay (nicht: Bai), Bohème (nicht: Boheme), Bohémien (nicht: Bohemien), Caramel (nicht: Karamell), Cédille (nicht: Cedille), Championnat (nicht: Championat), Chansonnette (nicht: Chansonette), Cognac (Weinbrand, nicht: Kognak), Communiqué (nicht: Kommuniqué oder Kommunikee), Couvert (nicht: Kuvert), Crème (nicht: Creme oder Krem oder Kreme), Début (nicht: Debüt), Décharge (nicht: Decharge), Déjeuner (nicht: Dejeuner), deplaziert (nicht: deplatziert), Directrice (nicht: Direktrice), Ecarté (nicht: Ekarté), Eclat (nicht: Eklat), Ecossaise (nicht: Ekossaise), Enquête (nicht: Enquete), Entrecôte (nicht: Entrecote), Entrée (nicht: Entree), Etagère (nicht: Etagere), Flambé (nicht: Flambee), Friteuse (nicht: Fritteuse), Friture (nicht: Frittüre), Jihad (nicht: Dschihad), Mujahedin (nicht: Mudschaheddin), Nécessaire (nicht: Necessaire oder Nessessär), Ouverture (nicht: Ouvertüre), Pédicure (nicht: Pediküre), Platitüde (nicht: Plattitüde oder Platitude), plazieren (nicht: platzieren), Protégé (nicht: Protegé), Résumé (nicht: Resümee), Stukkatur (nicht: Stuckatur), Vademecum (nicht: Vademekum).

Die Integration englischer Fremdwörter ist heute kaum noch üblich. Sie ist in der Regelung 06 überdies unsystematisch durchgeführt. Geplant waren: Bopp (statt Bob!), fitt, Flopp, Frittfliege, Hitt, Mopp, Pepp, Popp, Sett, Stepp, Stopp, Stripp, Tipp, Topp. Davon sind übriggeblieben: Mopp, Stepp, Stopp und Tipp – eine zufällige Auswahl. Besonders störend ist die Eindeutschung, wo sie mit einem englischen Wort zusammenfällt wie in Quickstepp, Onestepp, Twostepp oder wie bei Tipp mit einem englischen Wort (Tip = Trinkgeld) übereinstimmt. Es besteht auch kein Anlass, die Substantive den Ableitungen anzupassen (Tipp wegen tippen), die Regelung 06 passt Pop, Rap, Top trotz poppig, Rapper, toppen auch nicht an. Die SOK empfiehlt in allen Fällen die nicht eingedeutschte Schreibweise.

Bei chemischen Fachbegriffen (z. B. Kalzium/Calcium, Azetat/Acetat) empfiehlt die SOK, in Fachtexten die nicht eingedeutschte Variante zu tolerieren, in andern Texten jedoch die eingedeutschte Variante zu verwenden.

In einzelnen Fällen empfiehlt die SOK, die Schreibweise je nach Bedeutung zu unterscheiden, z. B.: Capitol (Kongresspalast in Washington) / Kapitol (Burg Alt-Roms), Departement (Verwaltungsabteilung) / Département (Verwaltungsbezirk in F), Disengagement (im politischen/nichtpolitischen Sinn) / Désengage­ment (v. a. im nichtpolitischen Sinn), Eurhythmie (Gleichmass von Bewegungen) / Eurythmie (Bewegungskunst in der Anthroposophie), Kanapee (Sofa) / Canapé (belegtes Brötchen), Krepp (Gewebe) / Crêpe (Kuchen), Plastic (Kunststoff) / Plastik (Werk der Bildhauerkunst), Réception (Empfangsbüro) / Rezeption (Aufnahme, z. B. eines Textes), Supplement (Buchw. Ergänzungsband) / Supplément (kulinarisch), Tricot (Stoff) / Trikot (Kleidungsstück).

Bei folgenden im Rechtschreib-Duden und im amtlichen Wörterverzeichnis nicht aufgeführten Fremd­wörtern empfiehlt die SOK die Schreibweisen: Américaine (Radsport), Complet, Crayonmanier, Kopräsident, Kreateur, Oxidoreduktion, Phalange (Partei in Libanon).

Als Ausnahme vom Grundsatz „Bei Varianten die herkömmliche“ verzichtet die SOK auf eine Empfeh­lung bei den t/z-Schreibungen (potentiell/potenziell, Justitiar/Justiziar usw.), da sich diese Schreibweisen offensichtlich im Umbruch befinden. In den Fällen circa/zirka und Disk/Disc verzichtet die SOK ebenfalls auf eine Empfehlung, da der Schreibgebrauch unent­schieden ist.

Bei der ph/f-Schreibung empfiehlt die SOK, Foto, Fotograf, Grafik, Telefon und Telegraf und deren Ableitungen (sowie Elefantiasis) mit f zu schreiben, alle andern Wörter mit den Stämmen phot[o], phon[o] und graph[o] sowie Delphin mit ph. Im Falle von Fantasie/Phantasie empfiehlt die SOK, die Schreibweise je nach Bedeutung zu unterscheiden: Fantasie (Musikstück) / Phantasie (Einbildungs-, Vorstellungskraft). Beachte: Foto nur mit f, wenn es die Kurzform von Fotografie ist, also: Fotoalbum, aber: Photo­synthese.

5. Bindestrich beim Zusammentreffen von Ziffern und Buchstaben

Die Regelung 06 sieht einen schwer lernbaren Mischmasch vor: 19‑jährig, 32stel, 16fach / 16‑fach, 90er, 90‑mal. Besonders störend ist bei der Substantivierung solcher Verbindungen die Grossschreibung von Wortbestandteilen, die gar keine Substantive sein können, wie in das 8‑Fache (Suffix) oder der 10‑Jährige. Die SOK empfiehlt, die einfache herkömmliche Regelung ohne Bindestrich zu verwenden. Es ist unnötig, Ziffer und Buchstabe mit einem Bindestrich zu trennen, da beim fugenlosen Übergang zwischen Ziffer und Buchstaben für den Leser kein Missverständnis entstehen kann: 19jährig, 32stel, 16fach, 90er, 90mal; der 19jährige, das 16fache. (Die Schreibweisen 16fach / das 16fache ergeben sich aus dem Grundsatz der SOK „Bei Varianten die herkömmliche“.)

6. Ableitungen von Personennamen

Die SOK empfiehlt, die Ableitungen von Personennamen auf ‑isch und ‑sch grundsätzlich klein zu schreiben (ohmsches Gesetz, ohmscher Widerstand, platonische Liebe, homerisches Gelächter), unabhängig davon, ob die Person als Schöpfer oder Verur­sacher dahintersteht (herkömmlich Grossschreibung) oder der Begriff bloss nach der Person benannt wird (schon herkömmlich Kleinschreibung). Ausnahme: durch den fachsprachlichen Usus zum Begriff gewordene Ableitungen wie Cansteinsche Bibelanstalt, Halleyscher Komet (nur gross).

Wenn der Name aus irgendwelchen Gründen hervorgehoben werden soll, unabhängig davon, ob die Person als Schöpfer oder Verur­sacher dahintersteht, kann er gross geschrieben werden. Die SOK empfiehlt jedoch entgegen der Regelung 06, dabei auch Ableitungen auf ‑sch ohne Apostroph (Ohmsches Gesetz, Ohmscher Widerstand) zu schreiben.

7. Orthographische Besonderheiten bei geographischen Namen[8]

– Ableitungen von mehrgliedrigen geographischen Namen

Bei mehrgliedrigen geographischen Namen empfiehlt die SOK, das Adjektiv in einem Wort (baselstädtisch, sanktgallisch, abgekürzt st.‑gallisch, costaricanisch, srilankisch) und den Einwohner in zwei Wörtern mit Bindestrich zu schreiben (San‑Marinese), bei Ableitungen auf ‑er den Bindestrich jedoch wegzulassen (Bad Ragazer, St. Galler, New Yorker, Sierra Leoner). Bei (mit Bindestrich geschriebenen) Zusammensetzungen aus zwei geographischen Namen (Doppel­namen) bleibt der Bindestrich sowohl im Adjektiv als auch beim Einwohner erhalten: guinea‑bissauisch, Papua‑Neuguineer, schleswig‑holsteinisch, Baden‑Württemberger.

Bei Verbindungen von geographischen Bezeichnungen empfiehlt die SOK, gemäss herkömmli­cher Rechtschreibung zu differenzieren: deutschschweizerische Dialekte (zu: deutsche Schweiz) / ein deutsch‑schweizerisches Abkommen (zu Deutschland/Schweiz), Anglo‑Amerikaner (Sammelname für Engländer und Amerikaner) / Angloamerikaner (aus England stammender Amerikaner).

In den meisten Fällen kann die Einwohnerbezeichnung als Ersatz für das Adjektiv verwendet werden (analog zu z. B. Schweizer Gesetze).

– Zusammenschreibung von Ableitungen auf ‑er mit dem Grundwort

Ableitungen auf ‑er von geographischen Namen werden mit dem folgenden Wort zusammengeschrieben, wenn sie Personen bezeichnen (wie in Schweizergarde, Römerbrief, Danaergeschenk).

Die SOK empfiehlt, Zusammensetzungen mit Berg, Feld, Gasse, See, Strasse, Wald, Weg u. ä. gemäss schweizerischem Usus auch dann zusammenzuschreiben, wenn die Form auf ‑er im Vorderglied keine Personen bezeichnet: Zugerberg, Rafzerfeld, Bielersee, Badenerstrasse, Schwanderweg, Wienerwald (aber: Walliser Alpen, Knonauer Amt, Lüneburger Heide), und bei mehrgliedrigen Namen durchzukuppeln: St.‑Galler‑Strasse. Zusammenschreibung wird auch bei Typenbezeich­nungen wie Bündnerfleisch, Emmentalerkäse, Schweizerfranken empfohlen.

– Eindeutschungen von ausländischen geographischen Namen

Die SOK empfiehlt, bei orthographischen Varianten von ausländischen geographischen Namen grundsätzlich die fremdsprachige zu verwenden (z. B. Ecuador, Himalaya, Kyoto, Moçambique, Nicaragua) bzw. die vom Rechtschreib-Duden als schweizerisch bezeichnete (Botswana, Djibouti). Ausnahmen z. B.: Biskaya, Brasilia, Kap Verde, Magellanstrasse, Malwinen, Quebec, Tokio.

Häufig verwendete geographische Namen, bei denen nur noch die deutsche Schreibweise gilt, sind z. B.: Fidschi, Kairo, Kalifornien, Kambodscha, Kanada, Kaschmir, Katar, Kopenhagen, Kuba, Marokko, Mexiko, Paschtunistan, Saragossa, Simbabwe, Tadschikistan, Tschad, Zypern.

Bei folgenden Namen (samt entsprechenden Ableitungen) empfiehlt die SOK eine vom Rechtschreib-Duden abweichende Schreibweise: Bangladesh (nicht: Bangladesch), Bermuda (nicht: Bermudainseln, Bermuda‑Inseln, Bermudas), Jamaica (nicht: Jamaika), Kenya (nicht: Kenia), Mexico City (nicht: Mexiko-Stadt), Mogadiscio (nicht: Mogadischu), Punjab (nicht: Pandschab).

8. Einzelfälle

Die SOK empfiehlt, die herkömmliche Schreibweise rauh zu verwenden und nicht die von der Regelung 06 eingeführte rau. Das h ist sowohl etymologisch berechtigt (schweizerdt. ruuch) als auch in seiner Funktion als Blickfang-h, das die zum Vergleich herangezogenen Adjektive blau, schlau und genau nicht brauchen. Das von der Regelung 06 zu Raunächte verkürzte Rauhnächte hängt gar nicht mit rauh, sondern mit Weihrauch zusammen und soll sein h behalten dürfen.

Die SOK empfiehlt ferner, die herkömmlichen Schreibweisen Jäheit (nicht: Jähheit), Roheit (nicht: Rohheit) und Zäheit (nicht: Zähheit) zu verwenden (und, trotz der empfohlenen Schreibweise rauh, selbstverständlich auch weiterhin Rauheit zu schreiben). Hoheit wird auch nach der Regelung 06 mit nur einem h geschrieben.

In der herkömmlichen Rechtschreibung kann und in der Regelung 06 muss ein e weggelassen werden, wenn auf ‑ee oder ‑ie die Flexionsendungen oder Ableitungssuffixe ‑e, ‑en, ‑es, ‑ell folgen (Feen; die Ideen; die Mondseer, des Sees; die Knie, knien; die Fantasien; sie schrien, geschrien; ideell; industriell). Entgegen der Regelung 06 empfiehlt die SOK, das e in der Möglichkeitsform beizubehalten, weil Möglichkeits- und Vergangenheitsform sonst nicht erkennbar sind: „Wer, wenn ich schriee, hörte mich denn aus der Engel Ordnungen?" (Rilke).

Eine Besonderheit sind die schweizerischen Schreibweisen Bretzel (statt: Brezel) und Cheib (statt: Keib), die in der Regelung 06 eingeführt worden sind. Die SOK empfiehlt deren Verwendung. Die Schreib­weise Karamell entfällt durch die von der SOK empfohlene, nicht ein­gedeutschte Schreibweise Caramel. Bei planschen ergibt sich die Schreibweise aus dem Grundsatz der SOK „Bei Varianten die herkömm­liche".

Als Ausnahme vom Grundsatz „Bei Varianten die herkömmliche“ verzichtet die SOK auf eine Empfeh­lung bei den Wörtern mit Alb-/Alp- (z. B. Alptraum/Albtraum). Für Alb- spricht die Etymologie, für Alp- die Aussprache (Auslautverhärtung).

Bei selbständig/selbstständig (samt Ableitungen und Zusammensetzungen) handelt es sich gar nicht um Varianten, sondern um verschiedene Wörter mit unterschiedlichem Stamm (vgl. z. B. selb- in selbdritt). Die SOK empfiehlt die Schreibweise selbständig. Sie entspricht der Etymologie und der allgemein üblichen Aussprache.


Wenn in der Regelung 06 mehrere Varianten bestehen, die mit keiner oder mehreren herkömmlichen übereinstimmen, führt die Anwendung des Grundsatzes der SOK „Bei Varianten die herkömmliche" zu keinem Entscheid für eine Schreibweise. Fälle des ersten Typus gibt es v. a. bei mehrgliedrigen englischen Fügungen (z. B. herkömmlich: Aircondition, Regelung 06: Air‑Condition/Aircondition) sowie beim Zusammentreffen von drei gleichen Konsonanten (z. B. herkömmlich: Stilleben, Regelung 06: Stillleben/Still‑Leben). Fälle des zweiten Typus gibt es v. a. in Fremdwörtern und geographischen Namen (z. B. herkömmlich und Regelung 06: Sketch/Sketsch, Mosambik/Moçambique sowie bei der e/ä-Schreibung (Blesshuhn/Blässhuhn). Für diese Fälle führt die SOK umfassende Wörterlisten.

Darüber hinaus gibt es einige Einzelfälle dieser Typen (Regelung 06: aufseiten/auf Seiten, herkömmlich: auf seiten, herkömmlich und Regelung 06: anstelle/an Stelle), darunter schweizerische Besonderheiten (Chilbi, Müesli). In diesen Einzelfällen empfiehlt die SOK die folgenden Schreibweisen: anstelle, aufgrund, aufseiten, begrapschen, Chansonnière, Chilbi, Darg, grapschen, Kräze, Moselaner, Müesli, numerisch, panschen, Schabziger, Schwyzerdütsch, so dass, vonseiten, Wümmet, Zaine, Ziger, zuseiten.

In zwei Fällen des zweiten Typus, circa/zirka und Disc/Disk, verzichtet die SOK auf eine Empfehlung, da der Schreibgebrauch unentschieden ist.

– mehrgliedrige englischsprachige Fügungen

Die SOK empfiehlt, bei der Schreibweise von mehrgliedrigen englischen Fügungen, bei denen mehrere Varianten bestehen, grundsätzlich die vom Rechtschreib-Duden empfohlene zu verwenden (z. B. Callcenter, Cruise-Missile, Motocross, Shareholder-Value). Ausnahmen z. B.: Air-Condition[ing], Boat-People, Dinner-Jacket, Discount-Broker, Diskjockey, Fund-Raising, Junk-Food, Live-Act, Live-Show, Mountain-Bike, Pole-Position, Riverboat-Shuffle, Sightseeing-Tour, Think-Tank, Tie-Break; Black Jack, Blue Chip, Cold Cream, Dark Room, Fairplay, Flat Rate, Free Climbing, Hard Disk, Hard Rock, Odd Fellow, Prime Time, Real Time, Soft Copy, Soft Drink, Soft Rock; Crossover, Fall-out, Hand-out, Playback; On-..., Ready-made.

In einigen Fällen empfiehlt die SOK eine vom Rechtschreib- bzw. Fremdwörter-Duden bzw. von der Regelung 06 abweichende Schreibweise, z. B.: Audience-Flow, Body-Painting, Candlelight-Dinner, Country-Music, Drag Queen, Emmy-Award, Gender-Studies, Hedge-Fund, Love Parade, Mass-Action, Mass-Reaction, Micky Mouse, Online-..., Online-Broker, Page-Impression, Patchwork-..., Player Roll, Porterhouse-Steak, Soil Erosion, Tea-Room,  Traveler's Check, Window-Dressing, Window-Shopping; American way of life, Blue Jeans, Firstclass-..., Prepaid Card, Prepaid Handy, Quickstep, Short Track, Upper Class; Business as usual, Onestep, Outsider-..., Twostep.

In zahlreichen, im Rechtschreib- oder Fremdwörter-Duden nicht oder nicht mehr aufgeführten Fällen empfiehlt die SOK bestimmte Schreibweisen (siehe Wörterlisten), z. B. Cashdrain, Dotcom-..., Drag King, Image-Design, Inflight-Service, Key Account, Key Feature, Live-Stream, Minimum-Lending-Rate, Player Roll, Price-Earnings-Ratio, Return on Equity, Ryder-Cup, Stakeholder-Value, Starfighter, Street Parade, Wall-Street-..., West Bank (Westjordanien), Workload; Big Four, Fast Track, Firstclass, die, French Open, Frequent Flyer, Grand Old Party (Rep. Partei USA), Multiple Choice, Open End, Open Sky, Open-Sky-..., Underground-..., Unique Client, Unique Visitor, Working Poor; President-elect, Swiss made.

– Zusammentreffen dreier gleicher Buchstaben

Die SOK empfiehlt, beim Zusammentreffen von drei gleichen Konsonanten:

  • bei Zusammensetzungen mit zwei oder drei Wörtern keinen Bindestrich zu setzen: Zellstofffabrik

  • bei Zusammensetzungen mit vier oder mehr Wörtern:

          - einen Bindestrich zu setzen, wenn er an die Hauptfuge zu liegen kommt:
            Fussball-Länderspiel

          - keinen Bindestrich zu setzen, wenn er nicht an die Hauptfuge zu liegen käme:
            Dampfschifffahrtsgesellschaft (nicht: Dampfschiff-Fahrtsgesellschaft)

          Beachte:
ein Bindestrich ist nur möglich bei Substantiven, also nicht bei:
          helllodernd
(nicht: hell-lodernd), fetttriefend (nicht: fett-triefend).

Die SOK empfiehlt, beim Zusammentreffen von drei gleichen Vokalen:

  • bei Substantiven einen Bindestrich zu setzen: Kaffee-Ernte, Tee-Ei

          Beachte: ein Bindestrich ist nicht möglich bei anderen Wortarten:
          armeeeigen (nicht: armee-eigen), seeerfahren (nicht: see-erfahren).

22.12.2008 SOK

[1] Mitglieder: Dr. Dr. h. c. Urs Breitenstein, damals Leiter Schwabe-Verlag und Präsident des Schweizer Buchhändler- und Verlegerverbandes (SBVV); Stephan Dové, Chefkorrektor der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) und Delegierter des Verbands Schweizer Presse (VSP) im Rat für deutsche Rechtschreibung; Peter Müller, Direktor der Schweizerischen Depeschenagentur (SDA) und deren Beauftragter für deutsche Rechtschreibung; Stefan Stirnemann, Sprachkreis Deutsch (SKD), Gymnasiallehrer, Sprachwissenschafter; Prof. Dr. Dr. Rudolf Wachter, Sprachwissenschafter, Universitäten Basel und Lausanne.

[2] Es ist allerdings eine gewisse Vorsicht geboten; die SOK hat über 50 falsche Rot- bzw. Schwarzdrucke registriert (siehe www.sok.ch).

[3] Seltsamerweise führen aber sowohl Duden wie Wahrig bei alle nase[n]lang nur die herkömmliche Variante auf.

[4] Die Schweizerische Landestopografie und der Kanton Zürich bleiben jedoch bei der herkömmlichen Schreibweise Glattal.

[5] Vollkommen, samt Endung lateinische Wörter wie Justitium sollten jedoch entgegen der (von Duden empfohlenen!) Variante in der Regelung 06 nicht eingedeutscht werden.

[6] Nach der Regelung 06 § 57 erkennt man substantivierte Wörter an mindestens einem der folgenden Merkmale: a) an einem vorausgehenden Artikel (der, die, das; ein, eine, ein), vorausgehenden Pronomen (dieser, jener, welcher, mein, kein, etwas, nichts, alle, einige …) oder unbestimmten Zahlwort (ein paar, genug, viel, wenig …), die sich auf das substantivierte Wort beziehen; b) an einem vorangestellten adjektivischen Attribut oder einem nachgestellten Attribut, das sich auf das substantivierte Wort bezieht; c) an ihrer Funktion als kasusbestimmtes Satzglied oder kasusbestimmtes Attribut.

[7] Der Grundsatz lässt sich jedoch nicht durchgehend einhalten, vgl. z. B. Biskuit, Gelee, Interieur, Klischee, Korps, Ragout, Reduit, Regime, Soiree, Visavis.

[8] Siehe auch Empfehlungen der SOK zu nichtorthographischen Besonderheiten in geographischen Namen (mehrsprachige geographische Namen, Varianten und Besonderheiten bei Ableitun­gen, deutschschweizerische geographische Namen).

Die ausführlichen Wörterlisten sind zu finden auf www.sok.ch